***** Stromae ist auf diesem Album sehr viel ruhiger und noch ernsthafter unterwegs als auf seinem hervorragenden "Racine carree", das in Frankreich weit über zwei Jahren in den Charts verweilen konnte und auch in Deutschland äußerst respektabel unterwegs war. Häufige Themen auf "Multitude" sind Depression und Einsamkeit, aber es gibt durchaus eine bemerkenswerte Bandbreite an gesellschaftlich relevanten Dingen, die hier musikalisch aufbereitet werden: Es werden Loblieder auf die Verlierer der Marktwirtschaft gesungen, eindringlich um Empathie zu einem "Hurensohn" geworben, die Belastungen des Eltern-Daseins angesprochen und "L'enfer" und "Mauvaise journee" dienen als musikalische Exempel, um den Unterschied zwischen einer ernsten Depression und einer normalen Niedergeschlagenheit zu veranschaulichen. Diese thematische Bandbreite zu erwähnen, ist mir wichtig, weil man bei einem durchschnittlichen Pop-Album schon froh sein kann, auf 1-2 Tracks mit Tiefgang und Substanz zu stoßen. Bei Stromae ist das wohltuender Standard geworden.<br><br>Musikalisch hat sich Stromae vielfältige Inspirationen aus diversen Ecken dieses Erdballs geholt, was einem umso stärker bewusst wird, wenn man seine Hintergrund-Videos schaut, die er auf seinem YouTube-Kanal hochgeladen hat. Auch das tut seiner Musik gut und wenn man sich dann noch die einfallsreichen und hochwertigen Musikvideos zu seinen drei Singles "Sante", "L'enfer" und "Fils de joie" ansieht, muss man zu dem Schluss kommen, dass er noch immer musikalisch, künstlerisch und inhaltlich sehr, sehr viel zu geben hat. Auch wenn das Album meines Erachtens nicht ganz die musikalische Verspieltheit des Vorgängers erreicht und all diese qualitativen Glanzlichter nicht ganz so gekonnt in catchy Gesamtwerke integriert. Das ist gute Musik und belangloses Füllmaterial ist non-existent.<br><br>Mein Lieblingssong auf dem Album ist ganz klar "L'enfer", das mich beim ersten Hören geradezu umgehauen hat vor Begeisterung. Sehr schön finde ich aber auch "Sante", "Fils de joie", unter den Nicht-Singles finde ich "Riez" am stärksten und eingängigsten, aber auch "La solassitude" und "Mauvaise journee" mag ich ziemlich gerne.<br>Die restlichen Titel erreichen dieses Niveau meines Erachtens nicht ganz, ABER: Kein Song kommt bei mir unter 4/6, was in der Breite schon sehr respektabel ist.<br><br>Also unterm Strich eine klare Hörempfehlung. Sollte es aber Menschen geben, die "Racine carree" noch nicht in Gänze gehört haben, sollten sie das auf jeden Fall zuerst nachholen. |